Finanzierung

Finanzierung

Allgemeine Bemerkungen

Die Kosten für das Leben in einem Heimbetrieb (Alters- oder Pflegeheim) können sehr beträchtlich sein, weshalb es sich lohnt, sich mit Fragen der Finanzierung frühzeitig zu befassen. Wir wollen Ihnen hier einen ersten Überblick über einige wichtige Aspekte verschaffen.

Vieles ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt. Darum haben wir hier eine Liste der kantonalen Ansprechstellen aufgeführt. Manches unterscheidet sich von Gemeinde zu Gemeinde. Einiges ist von Heimbetrieb zu Heimbetrieb verschieden gelöst. Darum sind alle Belange, die mit den Heimkosten und den zu erbringenden Leistungen im Zusammenhang stehen, im Pensions-, Pflege- oder Heimvertrag klar zu regeln. Diesen Vertrag sehr gründlich zu studieren empfiehlt sich unter allen Umständen. Für Spezialleistungen gibt es aktuelle Preislisten. Preisänderungen sollten frühzeitig bekannt gegeben werden.

Unabhängig von der Lage und vom Träger der gewählten Institution entstehen allen Bewohnenden Kosten, welche sich hauptsächlich aus zwei Posten zusammensetzen: Kosten für das Wohnen, sogenannte Pensionskosten, welche die Bewohnenden in der Schweiz zunächst grundsätzlich selbst zu erbringen haben. In diese Kategorie fallen beispielsweise Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und zusätzliche Dienstleistungen. Der zweite Posten sind die Pflegekosten.

Mit Blick auf die Finanzierung eines Heimaufenthalts ist zu beachten, dass nur die Pflegekosten gesetzlich einheitlich geregelt sind. Anfang 2011 ist hierzu die neue Pflegefinanzierung schweizweit in Kraft gesetzt worden. Mit dem Ziel, die obligatorische Krankenversicherung, aber auch die Bewohnenden nicht zu stark zu belasten, wurden die Abstufungen des Pflegebedarfs und die Vergütung durch die obligatorische Krankenversicherung vereinheitlicht. Seit dieser Neuregelung gilt ein maximaler Eigenanteil für die reine Pflege von CHF 21,60 pro Tag.

Öffentlich- und privat-rechtlich: unterschiedliche Finanzierungsmodelle

Bei Hotelbetrieben können Preis- Leistungsvergleiche relativ einfach vorgenommen werden. Das ist bei den privatrechtlichen und den öffentlich-rechtlichen Alters- und Pflegeheimen nicht so. Diese Anbieter erbringen zwar die gleiche Qualität der Leistungen, operieren jedoch nach unterschiedlichen Finanzierungsmodellen im Markt. Wären die Finanzierungsmodelle identisch und die finanziellen Spiesse gleich lang, könnten die Kunden echte Preis- Leistungsvergleiche vornehmen. Das ist leider nicht so.

Öffentlich-rechtliche Heimbetriebe

Heute sind die meisten Heime noch so finanziert, dass sie die Betriebskosten selber tragen müssen. Die Mietkosten müssen sie nicht oder nur zu einem geringen Teil erwirtschaften. Grössere Renovationen und Investitionen in Neubauten werden über Steuergelder finanziert. Diese Liegenschaftenkosten bewegen sich in der Grössenordnung zwischen CHF 50.– bis CHF 80.– pro Person und Tag.

Private Heime

Sind gezwungen, die Betriebs- und Mietkosten voll zu erwirtschaften. Zuzüglich müssen sie Gewinne erwirtschaften, damit sie wieder in der Lage sind, in die Infrastruktur zu investieren.

Fazit:
Es ist wichtig, den Grund zu kennen, der zum Teil zu erheblichen Preisdifferenzen zwischen den beiden Anbietern führt. Der primäre Grund liegt vorwiegend beim unterschiedlichen Finanzierungsmodell. Ein weiterer Grund liegt im Komfort und den Dienstleistungen.

Nähere Erläuterungen zu den Zahlungen der Krankenkasse
(Quelle: Jürg Zulliger: «Wer bezahlt für die Pflege im Alter», Beobachter vom 15.11.2012)
Um die obligatorische Krankenversicherung, aber auch die Patienten nicht über ­Gebühr zu belasten, ist Anfang 2011 die neue Finanzierung in Kraft gesetzt worden. (…) Je nach Fall übernehmen die Krankenversicherer bei stationärer Pflege Beiträge von 9 bis maximal 108 Franken pro Tag. Die Finanzierung von ambulanter Pflege zu Hause ist mit der neuen Regelung verbessert worden – je nach Leistungen vergüten die Krankenkassen Beiträge zwischen 55 und 80 Franken pro Stunde. Im Interesse der Patienten liegt es, dass ihre Kostenbeteiligung seit 2011 im Pflegeheim auf Fr. 21.60 pro Tag begrenzt ist; in der Spitex sind es knapp 16 Franken.

Problem der neuen Pflegefinanzierung
Der Bundesrat wollte mit der neuen Pflegefinanzierung von 2011 die Betagten finanziell entlasten. Nun stellt sich heraus, dass das Gegenteil eintraf. Offensichtlich wurde die Politik durch die Lobbyarbeit der Krankenkassen so stark beeinflusst, dass sich die Kassen nicht an den steigenden Kosten der Altenpflege beteiligen müssen. Das ist der Grund, weshalb ihr Beitrag seit Jahren fixiert ist. Bei den kantonalen Leistungen sieht es in vielen Kantonen ähnlich aus.  So wird für die höchste Pflegestufe pro Tag maximal CHF 108.– entrichtet, was nie kostendeckend sein kann. Leidtragende sind letztlich die Betagten, die man eigentlich entlasten wollte. Die Heime sind gezwungen die nicht kostendeckenden Pflegeleistungen durch die Krankenkassen und Kantone über die Verrechnung erhöhter Betreuungs- und Pensionskosten, die voll vom Betagten übernommen werden müssen, zu kompensieren. Da hilft es dem Patienten wenig, dass sein Anteil an die Pflegeleistungen auf einen Maximalbetrag pro Tag von CHF 21.60 festgelegt wurde. Eine solche betriebliche Quersubventionierung ist nicht regelkonform, muss jedoch seitens der Heime aus Gründen der Existenzsicherung vorgenommen werden. Verursacht wurde diese Situation durch die Politik, die jetzt handeln müsste.

Die Grundversicherung deckt nicht alles ab
Je nach Heim­institution kommen nebst den medizinischen Leistungen aber meist noch ­erhebliche weitere Kosten dazu, und zwar «Pensionskosten» für Verpflegung, Infrastruktur, Reinigung, Gebäude­nutzung und sons­tige Betreuung. Diese Kosten sind durch die Grundversicherung nicht gedeckt; in der Praxis müssen sie aus der Privatkasse des Patienten, allfälligen Beiträgen des Kantons und in vielen Fällen über Ergänzungsleistungen oder Hilflosenentschädigungen finan­ziert werden.

Nicolas Müller, Jurist und Vorsorgefachmann beim VZ Vermögenszentrum, hält dazu fest:
«Häufig zirkulieren in Gesprächen Geschichten von Heimaufenthalten, die den Pa­tienten unterm Strich pro Jahr 100’000.– Franken und mehr kosten sollen, und dies über mehrere Jahre. Das sind aber eher seltene Fälle.»
Zum ­einen müsse man sich fragen, ob es dabei um Aufenthalte in privaten Residenzen gehe, die nebst der eigentlichen Pflege den Service eines Fünfsternehotels bieten. Zum anderen erinnert er daran, dass den Patienten in den meisten ­Fällen fixe Einnahmequellen zur Verfügung stünden: zunächst die Rentenleistungen aus AHV und Pensionskasse, dann die vorgeschriebenen Kostenbeiträge aus der Krankenversicherung, im Weiteren je nachdem freiwillige Bei­träge der Kantone, Ergänzungs­leis­tungen zur AHV, Hilflosenentschädigungen oder Leistungen der Sozialhilfe.

Daniel Domeisen (Ressortleiter BWL/Recht, Fachbereich Alter bei «CURAVIVA», dem Verband der Schweizer Heime) hat im «Kassensturz»-Studio am 27.11.2013 die wichtigsten Fragen zur Pflegefinanzierung beantwortet. Zum Beispiel:

Wie sollen die Heimkosten finanziert werden? Müssen alle Besitztümer des Heim-Bewohners liquidiert und das ganze Vermögen aufgebraucht werden?

Daniel Domeisen: Grundsätzlich sollten die Heimkosten aus den laufenden Einkünften finanziert werden: Der AHV-Rente, der Pensionskassen-Rente und allfälligen Vermögens-Erträgen. Wenn das nicht ausreicht, können Ergänzungsleistungen beantragt werden. Dabei wird auch verlangt, dass der Pensionär auch einen Teil seines Vermögens einsetzt, um die Kosten zu decken. Das Vermögen wird bei der EL-Berechnung mitberücksichtigt (Vermögensverzehr) bis zur sogenannten «Vermögens-Freigrenze». Das ist der Betrag, der nicht angetastet werden darf. Für Alleinstehende beträgt er 37’500.– Franken, für Ehepaare 60’000.– Franken. Liegenschaften-Besitzer haben eine Vermögens-Freigrenze von 300’000.– Franken. Diese wurde mit der Einführung der neuen Pflege-Finanzierung angehoben.

In diesem Kontext stellt sich eine sensible Frage: Steht im Fall ­einer andauernden Pflegebedürftigkeit ein Grossteil des Familienvermögens auf dem Spiel?

Meist seien zwei unterschiedliche Haltungen zu beobachten, sagt Experte Nicolas Müller:
«Die einen sind sich ihrer privilegierten Vermögenssituation bewusst und würden gegebenenfalls die Pflege weitgehend privat finanzieren.»
Es gebe aber auch eine Gruppe, der sehr am Schutz des Privatvermögens gelegen sei. Die Möglichkeiten, die Ersparnisse gänzlich davor zu schützen, von den Pflege­kosten aufgefressen zu werden, sind allerdings begrenzt. «Die Freibeträge beim Anspruch auf Ergänzungsleistungen sind tief an­gesetzt», erläutert Müller.

Wann Ergänzungsleistungen zu den Pensionskosten gezahlt werden
Nach den heutigen Bestimmungen kann eine Person pro Jahr höchstens 10’000.– Franken verschenken, um sie einer späteren Anrechnung bei Ergänzungsleistungen zu entziehen. An einem Beispiel ­illustriert: Schenkt eine Mutter ihrer Tochter 2012 den Betrag von 100’000.– Franken, wird erst nach 2023 kein ­vir­tuelles Vermögen mehr angerechnet. Zuvor würde die Schenkung bedeuten, dass die Ergänzungsleistungen gekürzt werden.

Hinzu kommt eine weitere Limite: Bei den Sozialleistungen wird eine Unterstützungspflicht von Verwandten in direkter Linie geltend gemacht. Kinder können also für die Pflege­finanzierung ihrer Eltern herangezogen werden, wenn sie in komfortablen Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben.

Wann können die Angehörigen zu finanziellen Unterstützung beigezogen werden?
Diese Frage hat Daniel Domeisen gründlich betrachtet: Sollten die laufenden Einkünfte sowie die Ergänzungsleistungen nicht zur Deckung der Heimkosten ausreichen (absolute Ausnahme), so müsste ein Antrag auf Sozialhilfe geprüft werden. Kinder und Eltern könnten in einem solchen Falle in die Pflicht genommen werden, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Verwandtenunterstützung bedingt, dass ein Jahreseinkommen von über 120’000.– Franken bei Alleinstehenden, bzw. über 180’000.– Franken bei Ehepaaren plus 20’000.– pro minderjähriges oder in Ausbildung befindlichem Kind ausgewiesen ist. Über einem Vermögen von 250’000.– Franken bei Alleinstehenden, 500’000.– Franken bei Ehepaaren plus 40’000.– Franken pro minderjährigem oder in Ausbildung befindlichem Kind kann auch bei tieferen Einkommen eine Verwandtenunterstützung zum Zuge kommen. Nur 0,3 Prozent aller über 80-jährigen Menschen in der Schweiz müssen auf die Sozialhilfe zurückgreifen.

Fallstricke bei Liegenschaftsübertragung
Eine populäre und oft zitierte Variante des par­tiellen Vermögensschutzes ist die Übertragung einer Liegenschaft zu Lebzeiten der Eltern an die Kinder. Dabei räumt die Familie den ­Eltern ein lebenslanges Nutzniessungs- oder Wohnrecht am Haus ein, wobei diese Gegenleis­tung vom übertragenen Wert abgezogen wird. Oder etwas einfacher gesagt: Die Nutzniessung beziehungsweise das Wohnrecht reduziert den bei den Ergänzungsleistungen massgeblichen Vermögensverzicht der Eltern. Dabei sind aber ­etliche Fallstricke zu beachten, etwa allfällige Schenkungs- oder Grundstückgewinnsteuern, Handänderungskosten oder auch eine möglicherweise konfliktträchtige Regelung von Nutzung und Eigentum am Haus.

Weiter zu beachten ist, dass die Nutzniessung oder das Wohnrecht bei den Einnahmen für den Ergänzungsleistungsanspruch berücksichtigt wird. Nicolas Müller vom VZ meint ­dazu: «Berücksichtigt man die entsprechenden Freibeträge für Eigenheimbesitzer, ist möglicherweise gar keine Notwendigkeit für eine Liegenschaftsübertragung gegeben.»

Pflegeversicherung als Zusatzversicherung
Einige Krankenkassen bieten als Zusatzversicherung Pflegeversicherungen an. Sofern sich der Patient eines Tages mit den hohen Kosten einer Langzeitpflege konfrontiert sieht, soll die Versicherung die finanzielle Lücke schliessen. Nur bietet das Sozialversicherungssystem an sich wenig Anreiz, eine solche Versicherung abzuschliessen: Mit dem komplexen Geflecht von Krankenkassen, Sozialversicherungen, Patientenbeiträgen und verschiedenen Leistungen der öffentlichen Hand ist bereits einiges für die finanzielle Absicherung getan.

Vor allem Personen in bescheidenen Verhältnissen können sich die relativ hohen Prämien von Pflegeversicherungen kaum leisten; und gerade diese Gruppe hat wenig Grund, Kos­ten zu versichern, für die letztlich das Gemeinwesen aufkommen muss. Solche Pflegeversicherungen können also allenfalls für einen Kreis von Leuten eine Überlegung wert sein, die ihr ansehnliches Vermögen schützen oder ihren Erben zuschanzen wollen. Doch auch sie müssen abwägen, ob sie ihr Vermögen um die Prämienbeträge schmälern wollen, ohne im Voraus genau wissen zu können, ob sie überhaupt jemals Pflegeleistungen beanspruchen werden.

Ein Augenmerk aufs Kleingedruckte
Wie immer bei Versicherungsverträgen ist dem Kleingedruckten die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Vom Versicherungsschutz sind meist Krankheiten ausdrücklich ausgeschlossen, die bei Vertragsabschluss schon bestanden haben. Zugleich ist ein gründlicher Gesundheitscheck oft die Bedingung für einen Vertragsabschluss. Zudem sind Karenzfristen von zwei bis drei Jahren zu beachten.

Florian Schubiger, Berater bei Vermögenspartner in Winterthur, sagt:
«Statis­tisch betrachtet, ist die Lebenserwartung nach einem Heimeintritt reduziert, in vielen Fällen fliessen Versicherungsleistungen zu spät.»
Als verlässlicher Grundsatz bleibt aber ­sicher, dass Planung und Budgetierung im Hinblick auf die Pensionierung kaum früh genug beginnen können. Wer schon im Alter von 50 oder 55 eine Art «Businessplan» für den Ruhe­stand entwirft, hat mehr Spielraum, die Weichen richtig zu stellen.

Nicolas Müller rät:
«Wer die Pflegekosten richtig berücksichtigen will, sollte möglichst hohe, fixe Einkommen im Alter anstreben.»
Dies lässt sich umsetzen, indem ­allfällige Lücken in der Pensionskasse durch freiwillige Einkäufe geschlossen werden. Unter ­diesem Aspekt ist bei der beruflichen Vorsorge ausserdem der fixen Rente der Vorzug vor der Variante Kapitalbezug zu geben.

Wer die Einzelheiten zu Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung allgemein nachlesen möchte, findet ein digitales Merkblatt hier.

Merkblatt Ergänzungsleistungen zur AHV und IV, herausgegeben von der Informationsstelle AHV/IV in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen.